Jan Schlottbohm LL.M. (Tax)
Im Rahmen der Gleichheitsprüfung ist anerkannt, dass Gesetze
die Lebenswirklichkeit nicht möglichst individuell in kleinsten
Gattungen erfassen müssen, sondern aus Praktikabilitätserwägungen – schließlich müssen Gesetze auch vollziehbar sein– Generalisierungen und Typisierungen zulasten der Individualgerechtigkeit
zulässig sein können. Denn ist ein Gesetz wegen
zu großer Ausdifferenziertheit kaum noch vollziehbar, kann es
zu einem „strukturellen Vollzugsdefizit“ kommen, welches seinerseits
einen Gleichheitsverstoß darstellt. Das ursprüngliche
Ziel der Ausdifferenzierung, die Einhaltung des Gleichheitssatzes,
kann dadurch letztlich verfehlt werden. Vor einem vergleichbaren
Problem steht aktuell die Gerichtsbarkeit, deren
Funktionsfähigkeit bekanntlich elementarer Bestandteil der Rechtsschutzgarantie ist. Aufgrund der Ausgestaltung des
Rechtsschutzes für sogenannte übergangene Bewerber im Rahmen
der Besetzung von Bundesrichterstellen können offene
Stellen teilweise nicht besetzt werden und bleiben über Monate
vakant. Dies bringt Probleme mit sich, die bis zur partiellen
Handlungsunfähigkeit betroffener Gerichte führen könnten.
Der Rechtsschutz Einzelner kann so zum Problem für die
Rechtsschutzgarantie als solche werden.